Dienstag, 13. November 2012

Übungen zu Höhere Mathematik für Physiker: Blatt 3, Aufgabe 4

Aufgabe. Zeigen Sie, dass (für alle $x_0,y_0 \in \mathbb R$) das Anfangswertproblem \begin{equation}y' = \sin(xy), \qquad y(x_0)=y_0 \label{e_sinawp}\end{equation} ein eindeutige Lösung auf $\mathbb R$ besitzt.
Zur Lösung der Aufgabe wiederholen wir den folgenden, aus der Vorlesung bekannten
Satz von Picard-Lindelöf (lokale Version, quantitativ). Es seien $n \in \mathbb N$, $a,b,M$ reelle Zahlen $>0$, $t_0 \in \mathbb R$, $x_0 \in \mathbb R^n$ und \[f \colon [t_0-a,t_0+a] \times \{x \in \mathbb R^n:|x-x_0|\leq b\} \to \mathbb R^n\] eine stetige Funktion, die einer globalen Lipschitz-Bedingung in der zweiten Variablen genügt und durch $M$ beschränkt ist. Dann besitzt das Anfangswertproblem \begin{equation} x' = f(t,x), \qquad x(t_0)=x_0, \label{e_awp}\end{equation} genau eine Lösung auf $[t_0-\alpha,t_0+\alpha]$, wobei $\alpha := \min(a,\frac bM)$.
Aus dem zitierten Satz leiten wir her ein einfaches
Korollar. Es seien $n \in \mathbb N$, $M$ eine strikt positive reelle Zahl, $t_0 \in \mathbb R$, $x_0 \in \mathbb R^n$ und \[f \colon \mathbb R \times \mathbb R^n \to \mathbb R^n\] eine stetige Funktion, die einer lokalen Lipschitz-Bedingung in der zweiten Variablen genügt und durch $M$ beschränkt ist. Dann besitzt das Anfangswertproblem \eqref{e_awp} eine eindeutig bestimmte Lösung mit Definitionsbereich $\mathbb R$.
Beweis. Es sei $a>0$ beliebig. Wir setzen $b := aM + 1$. Da $f$ stetig ist und einer lokalen Lipschitz-Bedingung in der zweiten Variablen genügt, genügt die Einschränkung $f_a$ von $f$ auf das Kompaktum \[[t_0-a,t_0+a] \times \{x \in \mathbb R^n:|x-x_0|\leq b\} \subset \mathbb R \times \mathbb R^n\] einer globalen Lipschitz-Bedingung in der zweiten Variablen. Nach dem Satz von Picard-Lindelöf besitzt also das Anfangswertproblem \[x' = f_a(t,x), \qquad x(t_0)=x_0\] eine eindeutig bestimmte Lösung $\phi_a$ mit Definitionsbereich gleich $[t_0-a,t_0+a]$; man beachte, dass \[\frac bM = \frac{aM+1}M > a\] und mithin \[\min(a,\frac bM) = a\] gilt. Wir heben nun unsere Fixierung von $a$ auf und definieren \[\phi := \bigcup_{a>0} \phi_a = \{(x,y) : (\exists a>0) \phi_a(x)=y\}.\] Dann ist $\phi$ eine Funktion $\mathbb R \to \mathbb R^n$, da für alle $a'>a>0$ aufgrund der Eindeutigkeit der Lösung $\phi_a$ die Beziehung \[\phi_{a'} \mid [t_0-a,t_0+a] = \phi_a\] gilt. Da für alle $a>0$ \[\phi \mid [t_0-a,t_0+a] = \phi_a\] (nach Definition von $\phi$), ist $\phi$ offensichtlich eine Lösung des Anfangswertproblems \eqref{e_awp}. Dass für jede weitere Lösung $\psi \colon J\to \mathbb R^n$ von \eqref{e_awp} gilt \[\psi = \phi \mid J\] folgt aus dem Eindeutigkeitssatz. $\Box$

Lösung der Aufgabe. Es genügt zu bemerken, dass die Funktion \[f \colon \mathbb R \times \mathbb R \to \mathbb R, \qquad f(x,y) = \sin(xy)\] stetig und bezüglich der zweiten Variablen stetig differenzierbar ist, so dass sie einer lokalen Lipschitz-Bedingung genügt. Zudem ist $f$ beschränkt durch $M := 1$. Demnach ergibt sich die Behauptung der Aufgabe, die eindeutige Existenz einer Lösung von \eqref{e_sinawp} auf $\mathbb R$, unmittelbar aus unserem Korollar. $\Box$

2 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Leute!

Ihr seid herzlich dazu eingeladen, oben stehenden Post zu kommentieren und/oder zu kritisieren!

Übrigens: Um mathematische Formeln einzugeben, verwendet ihr, wie in LaTeX-Dokumenten üblich, einfache Dollarzeichen zur Begrenzung von Formeln im Fließtext und die Kombination Backslash-eckige-Klammer-auf (bzw. -zu) zur Begrenzung abgesetzter Formeln. Der übrige Syntax folgt ebenfalls den herkömmlichen LaTeX-Regeln.

–T.

Unknown hat gesagt…

Ah ja ... Folgendes noch:

Um zu sehen, wie ich einzelne mathematische Formeln produziert habe, rechts-klickt auf die entsprechende Formel und wählt im Kontextmenü "Show Math As" --> "TeX Commands"!

–T.