Montag, 10. Juni 2013

Übungen zur Geometrie: Lösungen zu Blatt 6

Aufgabe 4

Satz. Seien $X$ und $Y$ disjunkte, wegzusammenhängende topologische Räume, $A \subset X$ eine nichtleere Teilmenge, $f \colon A \to Y$ eine Abbildung. Dann ist der Raum $Z := Y \cup_f X$ wegzusammenhängend.
Bemerkung. In der Aufgabenstellung fehlt die Voraussetzung, dass $A \neq \emptyset$. Ohne diese zusätzliche Voraussetzung ist der Schluss auf den Wegzusammenhang von $Z$ jedoch offensichtlich nicht gültig.
Beweis. Seien $z_0,z_1 \in Z$. Als Äquivalenzklassen einer Äquivalenzrelation auf $Y \cup X$ gilt \[\emptyset \neq z_0,z_1 \subset Y \cup X.\] Es existieren also $s_0 \in z_0$ und $s_1 \in z_1$, und wir haben \[s_0,s_1 \in Y \cup X.\] Angenommen $s_0,s_1 \in X$. Dann gibt es einen Weg $\gamma$ in $X$ von $s_0$ nach $s_1$, da $X$ wegzusammenhängend ist. Die Komposition von $\gamma$ mit der evidenten – und stetigen – Abbildung \[X \to Y \cup X \to Y \cup_f X = Z\] ist folglich ein Weg in $Z$ von $[s_0] = z_0$ nach $[s_1] = z_1$. Analog argumentiert man für den Fall, dass $s_0,s_1 \in Y$. Angenommen nun $s_0 \in X$ und $s_1 \in Y$. Da $A \neq \emptyset$, gibt es ein Element $a \in A$. Aufgrund des Wegzusammenhangs von $X$ existiert ein Weg $\gamma$ in $X$ von $s_0$ nach $a$. Aufgrund des Wegzusammenhangs von $Y$ existiert ein Weg $\delta$ in $Y$ von $f(a)$ nach $s_1$. Da \[[a] = [f(a)]\] in $Z$, ist die Verkettung der Bildwege von $\gamma$ und $\delta$ in $Z$ ein Weg in $Z$ von $[s_0]=z_0$ nach $[s_1]=z_1$. Trifft keiner der bereits behandelten Fälle zu, so ist $s_0 \in Y$ und $s_1 \in X$. Analog zur vorherigen Situation erhält man einen Weg in $Z$ von $z_0$ nach $z_1$. $\Box$

Dienstag, 4. Juni 2013

Übungen zur Geometrie: Lösungen zu Blatt 5

Aufgabe 4


Zur Lösung zeigen wir den folgenden
Satz. Sei $n$ eine natürliche Zahl und $x \in \mathbb P_n(\mathbb R)$. Dann ist $\mathbb P_{n-1}(\mathbb R)$ homotopieäquivalent zu $\mathbb P_n(\mathbb R) \backslash \{x\}$.
Beweis. Nach Definition des projektiven Raums ist \[x^* := x \cup \{0\}\] ein eindimensionaler linearer Unterraum von $\mathbb R^{n+1}$. Daher existiert ein injektiver Homomorphismus \[\iota \colon \mathbb R^n \to \mathbb R^{n+1},\] so dass \begin{equation}\mathbb R^{n+1} = E \oplus x^*, \label{e_splitting}\end{equation} wobei \[E := \mathrm{im}(\iota).\] Aufgrund der Linearität von $\iota$ gilt \[\iota(\lambda \cdot v) = \lambda \cdot \iota(v)\] für alle reellen Zahlen $\lambda$ und alle $v \in \mathbb R^n$. Zudem ist $\mathrm{ker}(\iota) = \{0\}$. Demzufolge existiert eine, und nur eine, Abbildung \[i \colon \mathbb P_{n-1}(\mathbb R) \to \mathbb P_n(\mathbb R),\] so dass, für alle $v \in \mathbb R^n \backslash \{0\}$: \[i([v]) = [\iota(v)].\] Da $\iota$ (als lineare Abbildung) stetig ist, ist auch $i$ stetig (gemäß der universellen Eigenschaft der Quotiententopologie auf $\mathbb P_{n-1}(\mathbb R)$). Da \[(E \backslash \{0\}) \cap x = \emptyset,\] ist $i$ sogar eine – wiederum stetige – Abbildung \[i \colon \mathbb P_{n-1}(\mathbb R) \to \mathbb P_n(\mathbb R) \backslash \{x\}.\] Wir schreiben \[\pi \colon \mathbb R^{n+1} \to \mathbb R^n\] für die durch \eqref{e_splitting} gegebene Projektion auf $E$; das heißt, $\pi$ ist die eindeutig bestimmte lineare Abbildung, für die \[\pi \circ \iota = \mathrm{id}_{\mathbb R^n}\] sowie \[\mathrm{ker}(\pi) = x^*\] gilt. Analog dem Argument für $i$ oben existiert nun eine, und nur eine, Abbildung \[p \colon \mathbb P_n(\mathbb R) \backslash \{x\} \to \mathbb P_{n-1}(\mathbb R),\] so dass, für alle $w \in \mathbb R^{n+1} \backslash x^*$: \[p([w]) = [\pi(w)].\] Für alle $v \in \mathbb R^n \backslash \{0\}$ gilt: \[p \circ i ([v]) = p([\iota(v)]) = [\pi\circ\iota(v)] = [v].\] Das heißt wir haben \[p \circ i = \mathrm{id}_{\mathbb P_{n-1}(\mathbb R)}\] und mithin \[p \circ i \simeq \mathrm{id}_{\mathbb P_{n-1}(\mathbb R)}.\] Definieren wir jetzt \[F \colon \mathbb R^{n+1} \times I \to \mathbb R^{n+1}\] durch die Vorschrift \[F(w,t) = t \cdot \iota\circ \pi(w) + (1-t) \cdot w.\] Dann gilt \[\pi(F(w,t)) = \pi(w)\] für alle $w \in \mathbb R^{n+1}$ und alle $t \in I$. Das heißt durch Einschränkung von $F$ erhalten wir eine Abbildung \[(\mathbb R^{n+1}\backslash x^*) \times I \to \mathbb R^{n+1}\backslash x^*;\] dabei beachte man, dass $x^* = \mathrm{ker}(\pi)$. Zudem gilt \[F(\lambda\cdot w,t) = \lambda \cdot F(w,t)\] für alle reellen Zahlen $\lambda$ und alle $w$ und $t$ wie zuvor. Demnach existiert eine, und nur eine, Abbildung \[\overline F \colon (\mathbb P_n(\mathbb R) \backslash \{x\}) \times I \to \mathbb P_n(\mathbb R) \backslash \{x\},\] so dass, für alle $w \in \mathbb R^{n+1} \backslash x^*$ und alle $t \in I$: \[\overline F([w],t) = [F(w,t)].\] Die Abbildung $F$ ist offensichtlich stetig – damit auch ihre genannte Einschränkung. Aus der Definition der Quotiententopologie folgt die Stetigkeit von $\overline F$. Weiterhin gilt \[\overline F(-,0) = \mathrm{id}_{\mathbb P_n(\mathbb R) \backslash \{x\}}\] und \[\overline F(-,1) = i \circ p.\] Die Abbildung $\overline F$ ist also eine Homotopie zwischen der identischen Abbildung auf $\mathbb P_n(\mathbb R) \backslash \{x\}$ und der Abbildung $i \circ p$. Das heißt es gilt \[\mathrm{id}_{\mathbb P_n(\mathbb R) \backslash \{x\}} \simeq i \circ p.\] In der Folge haben wir \[\mathbb P_{n-1}(\mathbb R) \simeq_{\mathrm{h}} \mathbb P_n(\mathbb R) \backslash \{x\},\] was zu beweisen war. $\Box$
Bemerkung. Das Argument funktioniert ohne Weiteres auch für den Fall, dass $n = 0$. Frage: Was ist $\mathbb P_{-1}(\mathbb R)$? Was $\mathbb P_0(\mathbb R)$?