Mittwoch, 15. Mai 2013

Übungen zur Geometrie: Lösungen zu Blatt 4

Aufgabe 1


Sei $n$ eine natürliche Zahl $\neq 0$. Wir setzen \[e := (1,0,\dots,0) \in \mathbb R^{n+1}, \qquad e' := (1,0,\dots,0) \in \mathbb R^n\] und definieren Abbildungen \[f_\pm \colon D^n \to S^n\] durch \[ f_\pm(x_0,\dots,x_{n-1}) = (x_0,\dots,x_{n-1},\pm\sqrt{1-x_0^2-\dots-x_{n-1}^2});\] wobei $D^n$ wie üblich für die $n$-dimensionale Scheibe steht, das heißt: \[D^n = \{a \in \mathbb R^n:a_0^2+\dots+a_{n-1}^2 \le 1\}.\] Sei $x = (x_0,\dots,x_n) \in S^n$. Wir setzen \[x' := (x_0,\dots,x_{n-1})\] und definieren eine Abbildung $\gamma \colon I \to \mathbb R^n$ durch \[\gamma(t) = (1-t)x' + te'.\] Dann ist $\gamma$ offensichtlich ein Weg in $D^n$ von $x'$ nach $e'$. Ist nun $x_n \ge 0$ (resp. $x_n < 0$), so ist die Komposition $f_+ \circ \gamma$ (resp. $f_- \circ \gamma$) ein Weg in $S^n$ von $f_+(x') = x$ (resp. $f_-(x')=x$) nach $f_+(e') = f_-(e') = e$. Man beachte, dass die $f_\pm$ stetig sind. Ist zusätzlich zu $x$ noch ein weiterer Punkt $y \in S^n$ gegeben, so verbindet man $x$ und $y$, indem man zunächst den konstruierten Weg von $x$ nach $e$ und anschließend den entsprechenden Weg $y$ nach $e$ rückwärts läuft. $\Box$
Bemerkung. Obwohl in der Aufgabe lediglich gefordert ist, zu zeigen, dass die Sphären $S^n$ mit $n \ge 2$ wegzusammenhängend sind, ist die eindimensionale Sphäre $S^1$ selbstverständlich auch wegzusammenhängend (wie obiges Argument zeigt). Die $0$-Sphäre ist offenkundig nicht (weg-)zusammenhängend, da sie aus den beiden Punkten $-1$ und $1$ versehen mit diskreter Topologie besteht.

Aufgabe 2


Schritt 1. $\widehat{(X,\tau)} = (\widehat X, \widehat \tau)$ ist definitionsgemäß genau dann ein topologischer Raum, wenn $\widehat\tau$ eine Topologie auf $\widehat X$ ist. Wir weisen dies nach. Offensichtlich ist $\widehat\tau \subset \mathcal P(\widehat X)$. Zudem gilt $\emptyset \in \tau$, also $\emptyset \in \widehat\tau$, da $\tau \subset \widehat\tau$. Da $\emptyset$ kompakt und abgeschlossen in $(X,\tau)$ ist, haben wir $\widehat X = \widehat X \backslash \emptyset \in \widehat \tau$. Sei $(U_i)_{i\in I}$ eine Familie von Elementen von $\hat \tau$ und \[U = \bigcup_{i\in I}U_i.\] Wir definieren $I'$ als die Menge aller $i \in I$, so dass $U_i \in \tau$, und setzen $I'' := I \backslash I'$. Wenn $I'' = \emptyset$, so gilt $I' = I$ und $(U_i)$ ist eine Familie von Elementen von $\tau$; folglich ist $U \in \tau$, da $\tau$ eine Topologie ist (nach Voraussetzung). Angenommen nun, $I'' \neq \emptyset$. Für $i\in I''$ setzen wir $K_i := \widehat X \backslash U_i$. Mit \[K := \bigcap_{i\in I'}(X \backslash U_i) \cap \bigcap_{i\in I''}K_i \] gilt dann: \begin{align*}U & = \bigcup_{i\in I'} U_i \cup \bigcup_{i\in I''}U_i \\ & = (X \backslash \bigcap_{i\in I'}(X\backslash U_i))  \cup (\widehat X \backslash \bigcap_{i\in I''}K_i) \\ & = \widehat X \backslash K. \end{align*} Überdies ist $K$ kompakt und abgeschlossen in $(X,\tau)$. Das heißt, $U \in \widehat \tau$. Seien nun $U,V \in \widehat \tau$ und \[W = U \cap V.\] Wenn $U,V \in \tau$, so ist $W \in \tau$, da $\tau$ eine Topologie (auf $X$) ist. Angenommen, $U \in \tau$ und $V \notin \tau$. Dann gibt es $L$ kompakt und abgeschlossen in $(X,\tau)$, so dass $V = \widehat X \backslash L$. Es gilt: \[W = U \cap (\widehat X \backslash L) = U \cap (X \backslash L).\] Da $L$ abgeschlossen in $(X,\tau)$ ist, haben wir $X\backslash L \in \tau$. Es folgt $W \in \tau$. Wenn $U \notin \tau$ und $V \in \tau$, so ergibt sich $W \in \tau$ analog (Symmetrie). Angenommen also, $U,V \notin \tau$. Dann existieren $L_1,L_2$ abgeschlossen und kompakt in $(X,\tau)$, so dass \[U = \widehat X \backslash L_1, \qquad V = \widehat X \backslash L_2.\] Mit $L_1$ und $L_2$ ist auch $L_1 \cup L_2$ kompakt und abgeschlossen in $(X,\tau)$. Daher gilt: \[W = (\widehat X \backslash L_1) \cap (\widehat X \backslash L_2) = \widehat X \backslash (L_1 \cup L_2) \in \widehat\tau.\]
Schritt 2. Zu zeigen bleibt die Kompaktheit von $(\widehat X,\widehat\tau)$. Sei dazu $(U_i)_{i\in I}$ eine offene Überdeckung von $(\widehat X,\widehat\tau)$. Dann gibt es $i_0 \in I$, so dass $\infty \in U_{i_0}$. Offensichtlich gilt $U_{i_0} \notin \tau$. Das heißt, es gibt $K$ kompakt und abgeschlossen in $(X,\tau)$, so dass $U_{i_0} = \widehat X \backslash K$. Sei $I' = I \backslash \{i_0\}$ und $(V_i)_{i \in I'}$ die durch \[V_i = U_i \cap X = U_i \backslash \{\infty\}\] erklärte Familie. Dann ist $(V_i)$ eine Familie von Elementen von $\tau$. Zudem überdeckt $(V_i)$ die Menge $K$, denn für $x \in K$ existiert $i \in I$, so dass $x \in U_i$; folglich ist $i \neq i_0$, also $i \in I'$, und überdies gilt $x \in U_i \cap X = V_i$, da $K \subset X$. Da $K$ kompakt in $(X,\tau)$ ist, existiert eine endliche Teilmenge $J' \subset I'$, so dass $(V_i)_{i \in J'}$ die Menge $K$ immer noch überdeckt. Mit $J = J' \cup \{i_0\}$ überdeckt dann $(U_i)_{i\in J}$ die Menge $\widehat X$, denn für $x \in \widehat X$ gilt entweder $x \in U_{i_0}$ oder $x \in \widehat X \backslash U_{i_0} = K$. In jedem Fall gibt es einen Index $i \in J$, so dass $x \in U_i$. $\Box$
Bemerkung.  Ein topologischer Raum der Form $\widehat{(X,\tau)}$ heißt Alexandroff-Kompaktifizierung oder auch Einpunktkompaktifizierung von $(X,\tau)$. Man beachte, dass das in der Aufgabenstellung definierte $\widehat{(X,\tau)}$ von der Wahl von $\infty \notin X$ abhängt. Eine kanonische Wahl von $\infty$ wäre etwa $\infty = X$, denn es gilt $X \notin X$ nach dem Fundierungsaxiom (zusammen mit dem Paarmengenaxiom) der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre (ZF). Auf diese Weise ordnet man einem gegebenen topologischen Raum $X$ eine eindeutig bestimmte Alexandroff-Kompaktifizierung zu.
Zusatzaufgabe. Man beweise: a) $X$ liegt genau dann dicht in $\widehat{(X,\tau)}$, wenn $(X,\tau)$ nicht kompakt ist. b) $\widehat{(X,\tau)}$ ist genau dann Hausdorff, wenn $(X,\tau)$ lokalkompakt und Hausdorff ist.

Aufgabe 3


Wir wissen (aus der Analysis-Vorlesung): Setzt man \[e := (0,\dots,0,1) \in \mathbb R^{n+1},\] so ist \[p \colon S^n \backslash \{e\} \to \mathbb R^n,\] die stereographische Projektion, ist ein Homöomorphismus. Sei \[\widehat p \colon S^n \to \widehat{\mathbb R^n}\] diejenige Erweiterung von $p$, die $e$ auf $\infty$ abbildet. Dann ist $\widehat p$ sicherlich eine Bijektion (da $\infty \notin \mathbb R^n$). Sei $V$ eine offene Teilmenge von $\widehat{\mathbb R^n}$. Wenn $V$ bereits offen in $\mathbb R^n$ ist, so ist \[{\widehat p}^{-1}(V) = p^{-1}(V)\] offen in $S^n$, da $p$ stetig und $S^n \backslash \{e\}$ offen in $S^n$ ist. Wenn $V$ nicht offen in $\mathbb R^n$ ist, so gilt \[V = \widehat{\mathbb R^n} \backslash K\] für eine kompakte, abgeschlossene Teilmenge $K$ von $\mathbb R^n$. Folglich gilt dann \[{\widehat p}^{-1}(V) = S^n \backslash {\widehat p}^{-1}(K) = S^n \backslash p^{-1}(K),\] und diese Menge ist offen in $S^n$, da $p^{-1}(K)$ abgeschlossen in $S^n\backslash \{e\}$ und mithin abgeschlossen in $S^n$ ist. Sei umgekehrt $U$ offen in $S^n$. Wenn $e \notin U$, so ist $U$ offen in $S^n\backslash\{e\}$ und somit \[\widehat p(U) = p(U)\] offen in $\mathbb R^n$ und $\widehat{\mathbb R^n}$. Angenommen, $e \in U$. Dann ist $L := S^n \backslash U$ abgeschlossen und kompakt in $S^n$ und $S^n\backslash\{e\}$. Daher ist $p(L)$ abgeschlossen und kompakt in $\mathbb R^n$, und \[\widehat p(U) = \widehat{\mathbb R^n} \backslash \widehat p(L) = \widehat{\mathbb R^n} \backslash p(L)\] ist offen in $\widehat{\mathbb R^n}$. Folglich ist $\widehat p$ ein Homöomorphismus zwischen $S^n$ und $\widehat{\mathbb R^n}$, und $\widehat{\mathbb R^n}$ ist zu $S^n$ homöomorph. $\Box$

Aufgabe 4


a) Die Abbildung \[\mathrm{Spur} \colon M \to \mathbb R\] ist offensichtlich stetig. Die Menge $\mathbb R \backslash \{0\}$ ist offen in $\mathbb R$. Daher ist \[N = \{A \in M : \mathrm{Spur}(A) \neq 0\} = \mathrm{Spur}^{-1}(\mathbb R \backslash \{0\})\] offen in $M$. $N$ liegt genau dann dicht in $M$, wenn $\overline N = M$. Sei $A \in M$. Wenn $A \in N$, dann auch $A \in \overline N$. Angenommen also, $A \notin N$, das heißt, $\mathrm{Spur}(A) = 0$. Sei $B$ diejenige $n\times n$-Matrix, die durch \[B_{ij} = \begin{cases} 1, & \text{wenn } i=j=1; \\ 0 & \text{sonst}\end{cases}\] für $i,j \in \{1,\dots,n\}$ gegeben ist. Sei $U$ offen in $M$ mit $A \in U$. Dann existiert $\epsilon > 0$, so dass \[B_\epsilon(A) = \{C \in M : ||C-A|| < \epsilon\} \subset U,\] wobei $||-||$ den Rückzug der $n^2$-dimensionalen euklidischen Norm entlang des Isomorphismus $M \to \mathbb R^{n^2}$ bezeichnet. Es gilt \[\mathrm{Spur}(A+\frac\epsilon2B)=\mathrm{Spur}(A) + \frac\epsilon2\mathrm{Spur}(B)=\frac\epsilon2 \neq 0,\] also \[A+\frac\epsilon2B \in N,\] und zudem \[||(A+\frac\epsilon2B)-A|| = \frac\epsilon2||B|| = \frac\epsilon2 < \epsilon,\] also \[A+\frac\epsilon2B \in B_\epsilon(A).\] Somit ist \[U \cap N \neq \emptyset,\] und folglich gilt \[A \in \overline N,\] was zu beweisen war. $\Box$

b) Seien $U$ und $V$ die Urbildmengen von $(0,+\infty)$ und $(-\infty,0)$ respektive bezüglich der Abbildung $\mathrm{Spur}$. Dann sind $U$ und $V$ offen in $M$; es gilt \[U \cup V = N\] und \[U \cap V = \emptyset.\] Zudem sind $U$ und $V$ nichtleer, da \[B \in U, \qquad -B \in V.\] Demzufolge ist $N$ nicht zusammenhängend in $M$. $\Box$

Aufgabe 5


Angenommen, es gibt eine stetige Abbildung $F \colon D^{n+1} \to X$ mit $F \mid S^n = f$. Die Abbildung \[m \colon \mathbb R^{n+1} \times \mathbb R \to \mathbb R^{n+1}, \quad m(x,t) = t \cdot x\] ist offensichtlich stetig (Analysis). Damit sind auch ihre Einschränkung \[m \mid S^n \times I \colon S^n \times I \to D^{n+1}\] sowie die Komposition \[H := F \circ (m \mid S^n\times I) \colon S^n \times I \to D^{n+1} \to X\] stetig. Zudem gilt für alle $x \in S^n$: \[H(x,0) = F(0,\dots,0) =: x_0\] und \[H(x,1) = F(x) = f(x).\] Das heißt, $H$ ist eine Homotopie zwischen der konstanten Abbildung $S^n \to X$ mit Wert $x_0$ und der Abbildung $f \colon S^n \to X$. Folglich ist $f \colon S^n \to X$ nullhomotop.

Nehmen wir umgekehrt $f \colon S^n \to X$ als nullhomotop an. Dann gibt es ein Element $x_0 \in X$, so dass $f$ zur konstanten Abbildung $S^n \to X$ mit Wert $x_0$ homotop ist. Das heißt, es gibt eine Homotopie \[H \colon S^n \times I \to X\] zwischen der genannten konstanten Abbildung und $f$. Wir definieren eine Abbildung \[F \colon D^{n+1} \to X\] durch \[F(x) = \begin{cases} H(x/||x||,||x||), & \text{wenn }x\neq 0; \\ x_0, & \text{wenn }x=0.\end{cases}\] Dann gilt, für alle $x \in S^n$: \[F(x) = H(x,1) = f(x).\] Das heißt, es gilt \[F \mid S^n = f.\] Zudem ist $F$ offensichtlich in allen Punkten $x \in D^{n+1}$, $x \neq 0$ stetig. Sei nun $V$ offen in $X$ mit $F(0) = x_0 \in V$. Wegen der Stetigkeit von $H$ ist dann $H^{-1}(V)$ offen in $S^n \times I$ mit \[S^n \times \{0\} \subset H^{-1}(V).\] Nach unten stehendem Lemma (man beachte: $S^n$ ist kompakt) gibt es daher eine offene Umgebung $W$ von $0$ in $I$, so dass \[S^n \times W \subset H^{-1}(V).\] Es gibt also eine reelle Zahl $\epsilon > 0$, so dass \[S^n \times [0,\epsilon) \subset H^{-1}(V).\] Damit gilt \[B_\epsilon(0) \subset F^{-1}(V),\] wie man unmittelbar aus der Definition von $F$ herausliest. Folglich ist $F^{-1}(V)$ eine Umgebung von $0$ in $D^{n+1}$. Die Abbildung $F \colon D^{n+1} \to X$ ist mithin stetig in $0$, also mithin stetig (schlechthin). $\Box$
Lemma. Seien $K$ und $Y$ topologische Räume, $K$ kompakt, $y_0 \in Y$ und $U$ offen in $K \times Y$, so dass \begin{equation}K \times \{y_0\} \subset U. \label{e_fibersubset}\end{equation} Dann gibt es eine offene Umgebung $W$ von $y_0$ in $Y$, so dass \[K \times W \subset U.\]
Beweis. Wir betrachten das Mengensystem aller offenen Teilmengen $A$ von $K$, so dass eine offene Menge $B$ in $Y$ existiert mit $y_0 \in B$ und $A \times B \subset U$. Aus \eqref{e_fibersubset} folgt, dass dieses Mengensystem $K$ überdeckt. Da $K$ kompakt ist, existieren also eine natürliche Zahl $n\neq 0$ sowie $n$-Tupel $(A_1,\dots,A_n)$ und $(B_1,\dots,B_n)$ offener Mengen in $K$ und offener Umgebungen von $y_0$ in $Y$ respektive, so dass \[K \subset \bigcup_{i=1}^n A_i\] und, für alle $i \in \{1,\dots,n\}$: \[A_i \times B_i \subset U.\] Damit existiert \[W = \bigcap_{i=1}^n B_i,\] und es gilt \[K \times W \subset U;\] zudem ist $W$ offen in $Y$ mit $y_0 \in W$. $\Box$

Montag, 13. Mai 2013

Übungen zur Geometrie: Lösungen zu Blatt 3

Aufgabe 1


(a). Angenommen, $X/R$ ist Hausdorff. Dann gilt nach Blatt 2, Aufgabe 3, dass \[\Delta := \{(a,a):a \in X/R\}\] abgeschlossen in $X/R \times X/R$ ist. Da die Abbildung \[\pi \colon X \to X/R\] stetig ist, ist auch \[\pi \times \pi \colon X \times X \to (X/R) \times (X/R), \quad (\pi\times\pi)(x,y) = (\pi(x),\pi(y))\] stetig. Damit ist die Menge \[(\pi\times\pi)^{-1}(\Delta)\] abgeschlossen in $X \times X$ (vgl. Blatt 1, Aufgabe 3). Sei $(x,y)$ ein Element von $(\pi\times\pi)^{-1}(\Delta)$. Dann gilt $(\pi(x),\pi(y)) \in \Delta$, also $\pi(x) = \pi(y)$, also $x \sim y$, also $(x,y) \in \widetilde R$. Ist umgekehrt $(x,y) \in \widetilde R$, so gilt $x \sim y$, also $\pi(x) = \pi(y)$, also $(\pi(x),\pi(y)) \in \Delta$, also $(x,y) \in (\pi\times\pi)^{-1}(\Delta)$. Damit haben wir \begin{equation}(\pi\times\pi)^{-1}(\Delta) = \widetilde R. \label{e_delta}\end{equation} Folglich ist $\widetilde R$ abgeschlossen in $X\times X$. $\Box$

(b). Wir nehmen an, dass $\widetilde R$ abgeschlossen in $X\times X$ und $\pi \colon X \to X/R$ offen ist. Aus \eqref{e_delta} folgt unmittelbar, dass \[(\pi\times\pi)(\widetilde R) \subset \Delta;\] da $\pi$ surjektiv auf $X/R$ und mithin $\pi\times\pi$ surjektiv auf $X/R \times X/R$ ist, ergibt sich zudem die umgekehrte Inklusion: für $z \in \Delta$ existiert $w \in X\times X$, so dass $(\pi\times\pi)(w)=z$; nach \eqref{e_delta} ist $w \in \widetilde R$, also $z \in (\pi\times\pi)(\widetilde R)$. Nach Definition der Produkttopologie ist mit $\pi \colon X\to X/R$ auch die Abbildung \[\pi\times\pi \colon X\times X \to X/R \times X/R\] offen. Somit ist \[(\pi\times \pi)(X\times X \backslash \widetilde R)\] offen in $X/R \times X/R$ und folglich \begin{equation}(X/R \times X/R) \backslash ((\pi\times \pi)(X\times X \backslash \widetilde R)) \label{e_set}\end{equation} abgeschlossen in $X/R \times X/R$. Sei $z \in \eqref{e_set}$. Dann existiert aufgrund der Surjektivität von $\pi\times\pi$ ein Element $w \in X\times X$, so dass $(\pi\times\pi)(w)=z$. Da $z \notin (\pi\times\pi)(X\times X \backslash \widetilde R)$, ist $w \notin X \times X \backslash \widetilde R$. Damit ist aber $w \in \widetilde R$, also $z \in (\pi\times\pi)(\widetilde R) = \Delta$. Sei umgekehrt $z \in \Delta$. Dann ist $z \in X/R \times X/R$ und wegen \eqref{e_delta} ist $z \notin (\pi\times\pi)(X\times X \backslash \widetilde R)$. Das heißt, $z \in \eqref{e_set}$. Wir haben also \[(X/R \times X/R) \backslash ((\pi\times \pi)(X\times X \backslash \widetilde R)) = \Delta.\] Insbesondere ist $\Delta$ abgeschlossen in $X/R \times X/R$. Nach Blatt 2, Aufgabe 3 ist $X/R$ Hausdorff. $\Box$

Aufgabe 2


Seien $p,q \in \mathbb P_n(\mathbb C)$, so dass $p \neq q$. Wir bezeichnen mit \[S := \{z \in \mathbb C^{n+1}:|z| = 1\}\] die euklidische Sphäre in $\mathbb C^{n+1}$ (identifiziert man $\mathbb C^{n+1}$ mit $\mathbb R^{2n+2}$, so entspricht $S$ der $S^{2n+1}$, was hier jedoch nichts zur Sache tut ...) und setzen \[ p' := p \cap S, \qquad q' := q \cap S, \qquad d := \mathrm{dist}(p',q')\] sowie \begin{align*} U' & := \{x \in S:\mathrm{dist}(\{x\},p') < \frac13d\}, \\ V' & := \{y \in S:\mathrm{dist}(\{y\},q') < \frac13d\} \end{align*} und \[U := \pi(U'), \qquad V := \pi(V'),\] wobei \[\pi \colon \mathbb C^{n+1}\backslash\{0\} \to \mathbb P_n(\mathbb C)\] für die Quotientenabbildung und \[\mathrm{dist}(A,B) := \inf\{|z-w|:z\in A,w\in B\}\] für den euklidischen Abstand zweier Teilmengen $A,B \subset \mathbb C^{n+1}$ steht. Wegen $p \neq q$ haben wir $p \cap q = \emptyset$, also auch $p' \cap q' = \emptyset$. Da $S$ kompakt in $\mathbb C^{n+1}$ und $p' = p \cap S$ (relativ) abgeschlossen in $S$ ist, ist $p'$ kompakt in $\mathbb C^{n+1}$ (vgl. Blatt 2, Aufgabe 2). Ebenso ist $q'$ kompakt in $\mathbb C^{n+1}$. Daher wird der Abstand $d$ von $p'$ und $q'$ angenommen – das Infimum ist ein Minimum –, und es gilt $d > 0$. Mithin haben wir $p' \subset U'$, also $p \in U$, und analog $q \in V$. Definieren wir \[f \colon \mathbb C^{n+1}\backslash \{0\} \to S, \quad f(z) = \frac{z}{|z|},\] so zeigt eine kurze Überlegung, dass \[\pi^{-1}(U) = \pi^{-1}(\pi(U')) = f^{-1}(U').\] [Sei $z \in \pi^{-1}(\pi(U'))$. Dann existiert $x\in U'$, so dass $\pi(z) = \pi(x)$, also $z \sim x$, also $z = \lambda x$ für ein $\lambda \in \mathbb C$, $\lambda \neq 0$. Es folgt $|\lambda| = |z|$. Also ist $f(z) = \mu x$ mit $\mu \in \mathbb C$, $|\mu| = 1$. Für $x' \in p'$ gilt also \[|f(z)-x'| = |\mu x-x'| = |x-\mu^{-1}x'|<\frac13d,\] denn $\mu^{-1}x' \in p'$. Das heißt, $f(z) \in U'$, also $z \in f^{-1}(U')$. Ist umgekehrt $z \in f^{-1}(U')$. Dann gilt $z/|z| \in U'$ und $z/|z| \sim z$, also $\pi(z/|z|) = \pi(z)$, also $z \in \pi^{-1}(\pi(U'))$.] Somit ist $U$ offen in $\mathbb P_n(\mathbb C)$, da $U'$ (relativ) offen in $S$ und $f$ stetig ist. Analog ergibt sich, dass $V$ offen in $\mathbb P_n(\mathbb C)$ ist. Angenommen, es wäre $U \cap V \neq \emptyset$. Dann gäbe es $x \in U'$ und $y \in V'$, so dass $\pi(x) = \pi(y)$, also $x \sim y$, also $y = \lambda x$ für eine komplexe Zahl $\lambda$. Es folgt $|\lambda| = 1$, also $\lambda x \in U'$ (siehe Argument für $f(z)$ oben), also $y \in U' \cap V'$. Daher existieren $x' \in p'$ und $y' \in q'$, so dass $|y-x'|<\frac13d$ und $|y-y'| < \frac13d$. Wir hätten also \[d = \mathrm{dist}(p',q') \leq |x'-y'| \leq |x'-y|+|y-y'| < \frac23 d\] – ein Widerspruch. Damit gilt $U \cap V = \emptyset$. Und $\mathbb P_n(\mathbb C)$ ist ein Hausdorff-Raum. $\Box$

Aufgabe 3


Die Behauptung folgt aus Blatt 2, Aufgabe 2, wenn man dort $K = X$ wählt. $\Box$

Aufgabe 4


(a). Die angegebene Aussage ist offensichtlich falsch. Sei $X = (\emptyset,\{\emptyset\})$ der leere topologische Raum, $Y = (\{0,1\},\mathcal P(\{0,1\}))$ ein zweipunktiger Raum mit diskreter Topologie und $f \colon X \to Y$ die leere Abbildung (der Graph der leeren Abbildung ist schlichtweg die leere Menge $\emptyset \subset X \times Y$). Dann ist $f$ stetig (trivialerweise), $X$ ist wegzusammenhängend (trivialerweise), $Y$ jedoch ist nicht wegzusammenhängend, denn jede stetige Abbildung $\gamma \colon I \to Y$ ist konstant (Zusammenhang von $I$); insbesondere gibt es keinen Weg $\gamma$ in $Y$, so dass $\gamma(0)=0$ und $\gamma(1)=1$. Noch verrückter: Aus der angegebenen Aussage kann man folgern, dass jeder(!) topologische Raum wegzusammenhängend ist – absurd. Gemeint war wohl der
Satz. Ist $f\colon X\to Y$ eine stetige, surjektive Abbildung zwischen topologischen Räumen mit wegzusammenhängendem $X$, so ist $Y$ ebenfalls wegzusammenhängend.
Beweis. Seien $c,d \in Y$. Dann existieren, aufgrund der Surjektivität von $f\colon X\to Y$, Elemente $a,b \in X$, so dass $f(a)=c$ und $f(b)=d$. Da $X$ wegzusammenhängend ist, existiert ein Weg $\gamma$ in $X$, so dass $\gamma(0)=a$ und $\gamma(1)=b$. Damit existiert die Komposition $f \circ \gamma$, ein Weg in $Y$ mit $(f\circ \gamma)(0)=f(a)=c$ und $(f\circ \gamma)(1)=f(b)=d$. $\Box$

(b). Wir nehmen an, dass $A$ in $X$ zusammenhängend ist. Seien $U,V$ nichtleere, offene Mengen in $B$ (bezüglich der von $X$ induzierten Topologie). Dann existiert ein Element $x \in U$. Da $U$ offen in $B$ ist, existiert eine in $X$ offene Menge $U'$, so dass $U = U' \cap B$. Da $B \subset \overline A$, gilt $x \in U' \cap \overline A$. Hieraus folgt, dass $U' \cap A \neq \emptyset$, andernfalls wäre $X \backslash U'$ abgeschlossen in $X$ mit $A \subset X \backslash U'$, also $\overline A \subset X \backslash U'$, also $U' \cap \overline A = \emptyset$. Da \[U \cap A = (U' \cap B) \cap A = U' \cap A,\] folgt, dass $U \cap A$ nichtleer ist. Analog ergibt sich, dass $V \cap A$ nichtleer ist. Angenommen, es gelte $U \cup V = B$. Dann gilt \[(U \cap A) \cup (V \cap A) = (U \cup V) \cap A = B \cap A = A.\] Da $A$ zusammenhängend in $X$ ist, folgt, dass \[(U \cap A) \cap (V \cap A) \neq \emptyset.\] Wegen \[(U \cap A) \cap (V \cap A) \subset U \cap V\] folgt weiter, dass $U \cap V \neq \emptyset$. Dies zeigt, dass $B$ in $X$ zusammenhängend ist.

Aufgabe 5


Wir definieren eine Abbildung $f \colon \mathbb R^n \to (S^1)^n$ durch die Vorschrift \[f(x_1,\dots,x_n) = (g(x_1),\dots,g(x_n)),\] wobei $g \colon \mathbb R \to S^1$ die Funktion $g(x) = e^{2\pi xi}$ bezeichnet – schreibt man $\mathbb R^n$ und $(S^1)^n$ als $n$-fache kartesische Selbstprodukte $\mathbb R\times\dots\times\mathbb R$ und $S^1\times\dots\times S^1$, so entspricht $f$ dem $n$-fachen Selbstprodukt von $g \colon \mathbb R \to S^1$. Da $g$ stetig ist, ist (nach Definition der Produkttopologie) auch $f$ stetig. Die Abbildung $f$ ist zudem invariant unter der angegebenen Gruppenwirkung, das heißt, für alle $m \in \mathbb Z^n$ und alle $m \in \mathbb R^n$ haben wir \[f(m \cdot x) = f(x);\] dies folgt unmittelbar aus der Funktionalgleichung der Exponentialfunktion und der Tatsache, dass $e^{2\pi i} = 1$. Somit faktorisiert $f$ durch die Quotientenabbildung $q \colon \mathbb R^n \to \mathbb R^n/\mathbb Z^n$, mit anderen Worten: es existiert eine (und tatsächlich auch nur eine) Abbildung \[\bar f \colon \mathbb R^n/\mathbb Z^n \to (S^1)^n,\] so dass \[f = \bar f \circ q.\] Nach Definition der Quotiententopologie ist mit $f \colon \mathbb R^n \to (S^1)^n$ auch die Abbildung $\bar f \colon \mathbb R^n/\mathbb Z^n \to (S^1)^n$ stetig. Da $g$ die Menge der reellen Zahlen surjektiv auf $S^1$ abbildet, bildet $f$, und folglich auch $\bar f$, surjektiv auf $(S^1)^n$ ab. Die Abbildung $\bar f$ ist außerdem injektiv, da für reelle Zahlen $x$ und $y$ die Beziehung $e^{2\pi x i} = e^{2\pi yi}$ nur dann gilt, wenn $y = m+x$ für eine ganze Zahl $m$ gilt. Damit ist \[\bar f \colon \mathbb R^n/\mathbb Z^n \to (S^1)^n\] eine Bijektion. Die Abbildung $g \colon \mathbb R \to S^1$ ist offen, da sie durch die verschiedenen Zweige des komplexen Logarithmus (und Nachschalten der Skalierung $(2\pi i)^{-1}$) lokal stetig umgekehrt wird. Demzufolge sind auch die Produktabbildung $f$ sowie deren Faktorisierung $\bar f$ offen. $\bar f$ ist also ein Homöomorphismus zwischen $\mathbb R^n/\mathbb Z^n$ und $(S^1)^n$. Mithin ist $\mathbb R^n/\mathbb Z^n$ homöomorph zu $(S^1)^n$. $\Box$

Montag, 6. Mai 2013

Übungen zur Geometrie: Lösungen zu Blatt 2

Aufgabe 1


Bemerkung. In der Aufgabenstellung wird implizit angenommen, dass $a$, $b$ und $c$ paarweise verschieden sind.

(a). Zu zeigen ist, dass es sich bei $\tau$ um eine Topologie auf $X$ handelt. Dass $\tau \subset \mathcal P(X)$, $\emptyset \in \tau$ und $X \in \tau$, ist offensichtlich. Sei $(U_i)_{i \in I}$ eine Familie von Elementen von $\tau$ und \[U = \bigcup_{i\in I}U_i.\] Sei \[\sigma := \{U_i:i\in I\} \backslash \{\emptyset\}.\] Dann gilt offenbar \[U = \bigcup \sigma.\] Zudem ist \[\sigma \subset \tau \backslash \{\emptyset\} = \{\{a,b\},\{c\},\{a,b,c\}\}.\] Wenn $\{a,b,c\} \in \sigma$, so gilt $U = \bigcup \sigma = \{a,b,c\} \in \tau$. Wenn $\{a,b,c\} \notin \sigma$, so gilt eine der folgenden Aussagen:
  1. $\sigma = \emptyset$ und $U = \emptyset \in \tau$.
  2. $\sigma = \{\{a,b\}\}$ und $U = \{a,b\} \in \tau$.
  3. $\sigma = \{\{c\}\}$ und $U = \{c\} \in \tau$.
  4. $\sigma = \{\{a,b\},\{c\}\}$ und $U = \{a,b,c\} \in \tau$.
In jedem Fall haben wir $U \in \tau$. Sind $V,W \in \tau$, so ist $V \cap W \in \tau$, wie man leicht vermittels Fallunterscheidung nachweist: Ist $V = \emptyset$ oder $W = \emptyset$, so ist $V \cap W = \emptyset \in \tau$. Ist $V = X$, so ist $V \cap W = W \in \tau$. Ist $W = X$, so ist $V \cap W = V \in \tau$. Liegt keiner dieser Fälle vor, so gilt eine der folgenden Aussagen:
  1. $V = W = \{a,b\}$ und folglich $V \cap W = \{a,b\} \in \tau$.
  2. $V = W = \{c\}$ und folglich $V \cap W = \{c\} \in \tau$.
  3. $V = \{a,b\}$ und $W = \{c\}$ und folglich $V \cap W = \emptyset \in \tau$.
(b). Behauptung. Eine Folge $(x_n)_{n\in\mathbb N}$ in $X$ ist genau dann in $(X,\tau)$ konvergent, wenn eine der folgenden beiden Aussagen gilt:
  1. Es existiert $N \in \mathbb N$, so dass $x_n \in \{a,b\}$ für alle $n \in \mathbb N$ mit $N<n$.
  2. Es existiert $N \in \mathbb N$, so dass $x_n = c$ für alle $n \in \mathbb N$ mit $N<n$.
Beweis. Gilt Aussage 1, so ist $(x_n)$ offensichtlich konvergent gegen $a$ (resp. $b$), da $\{a,b\}$ und $X$ die einzigen offenen Mengen in $(X,\tau)$ sind, die $a$ (resp. $b$) enthalten. Gilt Aussage 2, so ist $(x_n)$ offensichtlich konvergent gegen $c$. Ist umgekehrt $(x_n)$ konvergent in $(X,\tau)$, so existiert $l \in X$, so dass $(x_n)$ konvergent gegen $l$ ist. Da $X = \{a,b,c\}$, gilt $l=a$ oder $l=b$ oder $l=c$. Wenn $l=a$, so gilt Aussage 1, denn $\{a,b\}$ ist eine offene Menge in $(X,\tau)$, die $a$ enthält. Wenn $l=b$, so gilt Aussage 1, denn $\{a,b\}$ ist eine offene Menge in $(X,\tau)$, die $b$ enthält. Wenn $l=c$, so gilt Aussage 2, denn $\{c\}$ ist eine offene Menge in $(X,\tau)$, die $c$ enthält, und (für alle $n\in \mathbb N$) bedingt $x_n \in \{c\}$, dass $x_n = c$. $\Box$

(c). Wir definieren eine Folge $(x_n)$ durch: \[x_n = \begin{cases}a, & \text{wenn $n$ gerade;} \\ c, & \text{wenn $n$ ungerade.}\end{cases}\] Dann ist $(x_n)$ eine Folge in $X$, die im topologischen Raum $(X,\tau)$ divergent ist, da sie keiner der beiden Bedingungen aus Teil (b) genügt.

(d). Es sei $(x_n)$ die konstante Folge mit Wert $a$. Dann ist $(x_n)$ in $(X,\tau)$ sowohl konvergent gegen $a$ als auch konvergent gegen $b$ (vgl. Teil (b)). Tatsächlich gilt, wie man sich leicht überlegt: Jede in $(X,\tau)$ gegen $a$ (resp. $b$) konvergente Folge konvergiert auch gegen $b$ (resp. $a$).

Aufgabe 2


Beweis. Sei $(U_i)_{i\in I}$ eine offene Überdeckung von $A$ in $(X,\tau)$. Wir wissen, es existiert $e$, so dass $e \notin I$ (zum Beispiel $e = I$ ...). Damit existiert auch $I' = I \cup \{e\}$ sowie die Familie $(V_i)_{i\in I'}$, die durch $V_i = U_i$ für $i \in I$ und $V_e = X \backslash A$ gegeben ist. Da $A$ abgeschlossen in $(X,\tau)$ ist, ist $X \backslash A$ offen in $(X,\tau)$ und $(V_i)$ ist eine offene Überdeckung von $K$ in $(X,\tau)$. Da $K$ in $(X,\tau)$ kompakt ist, existiert eine endliche Teilmenge $J' \subset I'$, so dass $(V_i)_{i\in J'}$ die Menge $K$ immer noch überdeckt. Mit $J = J' \backslash \{e\}$ ist $J$ eine endliche Teilmenge von $I$, so dass $(U_i)_{i\in J}$ die Menge $A$ überdeckt. $\Box$

Aufgabe 3


Es gilt:
\begin{align*}& X \text{ Hausdorff} \\ & \Leftrightarrow (\forall x,y \in X)(x\neq y \rightarrow (\exists U,V\in\tau) x\in U, y\in V, U\cap V = \emptyset) \\ & \Leftrightarrow (\forall (x,y) \in X\times X \backslash \Delta)(\exists U,V\in\tau) x\in U, y\in V, U\cap V = \emptyset \\ & \Leftrightarrow (\forall (x,y) \in X\times X \backslash \Delta)(\exists U,V\in\tau) (x,y) \in U\times V \subset X\times X\backslash \Delta \\ & \Leftrightarrow X\times X\backslash \Delta \text{ offen in }X\times X \\ & \Leftrightarrow \Delta \text{ abgeschlossen in }X\times X.\end{align*}
Man beachte bei dieser Argumentation die Definition der Produkttopologie (auf $X \times X$) sowie die Tatsache, dass \[z \in U \cap V \quad \leftrightarrow \quad (z,z) \in U\times V.\]

Aufgabe 4

Lemma. Seien $X,Y$ topologische Räume und $f \colon X\to Y$ eine stetige Abbildung. Dann ist die Abbildung $\tilde f$, definiert durch $\tilde f(x) = (x,f(x))$ für alle $x \in X$, ein Homöomorphismus zwischen $X$ und dem Graph $G \subset X\times Y$ von $f$, der mit der induzierten Topologie ausgestattet ist.
 Beweis. Da $\mathrm{id}_X \colon X \to X$ und $f \colon X \to Y$ stetig sind, ist \[\tilde f = (\mathrm{id}_X,f) \colon X \to X \times Y\] stetig nach der universellen Eigenschaft des Produkts zweier topologischer Räume. Offenkundig ist $\tilde f$ eine Abbildung $X \to G$. Da $G$ mit der Teilraumtopologie von $X\times Y$ ausgestattet ist, ist die Abbildung $\tilde f\colon X \to G$ stetig. Wie man sich leicht überlegt, ist $\tilde f\colon X \to G$ bijektiv mit der Umkehrabbildung $p_0|G \colon G \to X$, wobei \[p_0 \colon X\times Y \to X\] die Projektionsabbildung auf den ersten Faktor bezeichnet. Erneut nach Definition der Teilraumtopolgie ist die Einschränkung $p_0|G \colon G \to X$ stetig und somit $\tilde f$ ein Homöomorphismus zwischen $X$ und $G$. $\Box$

Nach dem Lemma (für $X=M$ und $Y=\mathbb R$) ist klar, dass $\tilde f \colon M \to G$ ein Homöomorphismus ist, wobei $G$ die Teilraumtopologie des Produkts $M \times \mathbb R$ trägt. Der Raum $\Gamma$ stimmt mengentheoretisch mit $G$ überein, ist jedoch mit der Unterraumtopologie des euklidischen $\mathbb R^{n+1}$ ausgestattet. Zwei Überlegungen zeigen, dass $G$ und $\Gamma$ auch als topologische Räume übereinstimmen:
  1. $G$ trägt die Teilraumtopologie von $\mathbb R^n \times \mathbb R$, wobei letzterer Raum mit der Produkttopologie der euklidischen Topologien auf $\mathbb R^n$ und $\mathbb R$ versehen ist.
  2. Die Produkttopologie auf $\mathbb R^n \times \mathbb R$ ist gleich der euklidischen Topologie auf $\mathbb R^{n+1}$ (sofern man die unterliegenden Mengen auf kanonische Weise miteinander identifiziert).

Aufgabe 5


(a). Da $A \cap B \subset A$, folgt $(A \cap B)^\circ \subset A^\circ$. Analog folgt aus $A \cap B \subset B$, dass $(A \cap B)^\circ \subset B^\circ$. Damit gilt $(A \cap B)^\circ \subset A^\circ \cap B^\circ$. Sei umgekehrt $x \in A^\circ \cap B^\circ$. Dann ist $x \in A^\circ$. Folglich existiert eine (im topologischen Raum $X$) offene Menge $U$, so dass $x \in U \subset A$. Analog existiert eine offene Menge $V$, so dass $x \in V \subset B$. Demzufolge existiert $W = U \cap V$, eine offene Menge, so dass $x \in W \subset A \cap B$. Mithin ist $x \in (A \cap B)^\circ$.

(b). Augenscheinlich gilt: \[A^\circ \cup B^\circ \subset (A \cup B)^\circ.\] Die umgekehrte Inklusion gilt im Allgemeinen nicht, wie das folgende Beispiel zeigt. Es sei $X=\mathbb R$ (euklidisch topologisiert), $A = \mathbb Q$, $B = \mathbb R \backslash \mathbb Q$. Dann gilt $A^\circ = B^\circ = \emptyset$, also auch $A^\circ \cup B^\circ = \emptyset$, jedoch: \[(A \cup B)^\circ = {\mathbb R}^\circ = \mathbb R.\]

(c). Offenbar gilt: \[\overline{A \cap B} \subset \overline A \cap \overline B.\] Die umgekehrte Inklusion gilt wiederum (im Allgemeinen) nicht, wie das Beispiel aus (b) zeigt – dort ist $\overline{A \cap B} = \emptyset$, jedoch $\overline A \cap \overline B = \mathbb R$.

(d). Diese Aussage ist äquivalent zu (a). Genauer gesagt gilt: \begin{align*}& \overline{A\cup B} = \overline A \cup \overline B \\ \Leftrightarrow & X \backslash \overline{A\cup B} = X \backslash (\overline A \cup \overline B) \\ \Leftrightarrow & (X \backslash (A \cup B))^\circ = (X \backslash \overline A) \cap (X \backslash \overline B) \\ \Leftrightarrow & (X \backslash A \cap X \backslash B)^\circ = (X \backslash A)^\circ \cap (X \backslash B)^\circ,\end{align*} wobei wir mehrfach die Beziehung \[(X \backslash C)^\circ = X \backslash \overline C\] verwendet haben.